FlowOx™, ein System zur Behandlung von Symptomen der PAVK

FlowOx™, ein System zur Behandlung von Symptomen der PAVK

Eigentlich möchte man das Blut am liebsten in die Kapillaren, die kleinen Endgefäße, saugen können, wie mit einer Melkmaschine. Tatsächlich gibt es ein solches Gerät auf dem Markt zu kaufen – es nennt sich FlowOx. Der Norweger Iacob Matthiesen hat sie erfunden, seine Firma Otivio entwickelt und vermarktet sie. Ich hatte vor einiger Zeit die Möglichkeit, eine derartige Saugmaschine in der Praxis auszuprobieren, und das mit erstaunlichem Erfolg.    

„Runoff“ – schlechter peripherer Ausstrom

„Runoff“ ist in der Gefäßmedizin das Zauberwort, das über die Offenheit eines Bypass entscheidet. Ist der Abfluss nicht ausreichend, staut sich das Blut
im Bypass, gerinnt und verstopft ihn. Die kleinen Gefäße, in die das Blut aus dem Bypass abfließen soll, sind ebenfalls bereits verstopft oder zu klein, um sie zu reparieren. „Wir haben kaum Mittel, um den „Runoff“ effektiv zu verbessern“, so die Aussage vieler Gefäßmediziner. Die Patienten müssten mehr laufen.

Doch es fehlt ihnen meist die Kraft und der Wille, gegen die Schmerzen im Bein bei der Schaufensterkrankheit anzukämpfen. Infusionen mit gefäßaktiven Hormonen helfen manchmal kurzzeitig, werden aber in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Es bleiben Schmerzmittel und das Schlafen im Sitzen, damit das Blut mit mehr Druck in die Füße abfließt.

Funktionsprinzip FlowOx™

Eigentlich möchte man das Blut am liebsten in die Kapillaren, die kleinen Endgefäße, saugen können, wie mit einer Melkmaschine. Tatsächlich gibt es ein solches Gerät auf dem Markt zu kaufen – es nennt sich FlowOx™. Der Norweger Iacob Matthiesen hat sie erfunden, seine Firma Otivio entwickelt und vermarktet sie. Ich hatte vor einiger Zeit die Möglichkeit, eine derartige Saugmaschine in der Praxis auszuprobieren, und das mit erstaunlichem Erfolg.

Es funktioniert so, dass der Patient mit Durchblutungsstörungen seinen Fuß in einen großen Plexiglasbehälter stellt, der aufgrund der Form und es Henkels
an ein überdimensioniertes Messgefäß aus der Küche erinnert (S. Abbildung 1). Eine aufblasbare Manschette und eine Kappe aus Silikon umschließen die Einstiegsöffnung luftdicht am Bein.

Eine Pumpe in einem weissen Standgerät, das an „Alexa“, die alles mithörende Heimassistentin erinnert, erzeugt alle paar Sekunden einen Unterdruck.
Diesen Sog am Bein spürt man gut. Er ist sanft, wie man es sich vielleicht bei einer Melkmaschine vorstellen möchte und vermittelt das Gefühl, das Blut in
den Unterschenkel gesaugt wird.

Da die meisten Stadtmenschen eine Melkmaschine noch nie gesehen haben, verglich ein älterer Herr die Wirkung mit der Entstehung eine Knutschfleckes am Hals, was er noch gut aus seiner Jugend kannt. Der Name „Knutschfleckmaschine“, kurz „Knutschkugel“ wurde bei in der Praxis daher zum geflügelten Wort und damit zur internen Übersetzung von FlowOx™.

Der Erfolg der Knutschkugel wird von den Patienten subjektiv wahrgenommen und ist bisher schwer mit zu objektivieren. Sundby beschreibt in einigen Publikationen aufwendige Messverfahren, die die Zunahme der Kapillardurchblutung während der FlowOx™ Behandlung visualisieren [1–3]. Die langfristige Wirkung benötigt jedoch Zeit. Es wird die Verwendung von FlowOx 1–2 mal täglich für eine Stunde über 4 Monate angestrebt.

Die Patienten mögen jedoch solch ein Gerät, das Ihnen hilft und wenig in Ihren Alltag eingreift. Sie müssen nicht laufen und können dieses Gadget bequem zu Hause im Sitzen einsetzen. Aber natürlich wäre es noch besser, wenn man selbst geht und sich das Rauchen abgewöhnt.

Verfügbarkeit und Kosten

Was kostet der Spaß in Deutschland? FlowOx™ ist als Medizinprodukt in Deutschland zugelassen. Eine individuelle Kostenübernahme mit den Kassen wird zur Zeit für den norwegischen Hersteller Otivio von der Firma Mediq vorbereitet. Mit Monatsmieten in der Höhe von 600€ wird man rechnen müssen.

Das klingt zunächst teuer, ist aber für die Gemeinschaft weitaus günstiger, als die Amputation eines Beines und ihrer Folgekosten. Für den Einzelnen ist der Erhalt seiner Lebensqualität mit Bein psychisch unbezahlbar, aber eigenfinanziell meist nicht bezahlbar.

Da FlowOx™ zu Hause angewendet werden kann, ist es denkbar, dass die Liegezeit von Patienten mit einer aVK, Stadium IV in den Kliniken verkürzt werden kann. Die Bedienung ist für Patienten und Angehörige leicht erlernbar. Die Firma Mediq bietet Hilfe bei technischen Problemen an. FlowOx™ ersetzt bisher jedoch keinen Bypass. Es kann aber physikalisch den Runoff verbessern und die Offenheit eines Bypasses und die Extremität erhalten. Schädliche Nebenwirkungen für den Patienten sind bisher nicht bekannt.

Literatur

  1. Sundby OH, Irgens I, Høiseth LO, Mathiesen I, et al.: Intermittent mild negative pressure applied to the lower limb in
    patients with spinal cord injury and chronic lower limb ulcers: a crossover pilot
    study. Spinal Cord, Issue 56/4, 2018, Page(s) 372-381.
  2. Sundby OH, Irgens I, Høiseth LO, Mathiesen I, et al.: The acute effects of lower limb intermittent negative pressure
    on foot macro- and microcirculation in
    patients with peripheral arterial disease.
    PLOS ONE, Issue 12/6, 2017, Page(s)
    e0179001.
  3. Sundby OH, Irgens I, Høiseth LO, Mathiesen I, et al.: The effects of intermittent negative pressure on the lower extremities‘ peripheral circulation and wound
    healing in four patients with lower limb
    ischemia and hard-to-heal leg ulcers: a
    case report. Physiological Reports, Issue
    4/20, 2016, Page(s) e12998,

PD Dr. med. Gunnar Riepe
(„Dr. Gadget“)
Bahnhofstr. 7, 56154 Boppard
E-Mail: gunnar.riepe@gk.de

“FlowOX™, ein neuartiges System zur Behandlung von Symptomen der PAVK”, G. Riepe Herunterladen

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